Von Kühen und Cobras und einem Mangokern

Nach meiner Strandtour bin ich zurück in mein Café. Der Durst war kaum noch zu ertragen. Ein Plätzchen ganz außen war noch frei und ich setzte mich hin. Rishikesh hat ein ziemlich großes Fliegenproblem. Die sind überall zu hunderten und lassen dich nicht in Frieden. Insofern habe natürlich Ich das Fliegenproblem und nicht die Stadt 😉

Ich also auf meinem Platz mit einer Flasche kaltem Wasser und jetzt erst mal umschauen. Die Fliegendichte war besonders hoch, da direkt vor mit eine heilige Kuh stand und mich die ganze Zeit ankaute… Alle 10 Minuten bewegte sie sich, nur ein wenig, kaum wahrnehmbar, bis auf die Kaubewegung natürlich. Irgendwie kam die trotzdem immer näher an mich ran. Nach etwa 20 Minuten hätte ich nur noch die Hand ausstrecken müssen um sie zu kraulen. Dann plötzlich, mit einem wirklich sehr seltsamen Geräusch brachte sie einen komplett abgenagten Mangokern aus einem ihrer Mägen zum Vorschein, spuckte ihn vor mir auf die Mauer, drehte um und verschwand langsam. Hmmm…

Untermalt wurde die ganze Szenerie von einem Schlangenbeschwörer, der auf den Treppenstufen 2 Meter weiter in seine Beschwörungsflöte blies und mit seinen tollen Melodien zwei schwarze Cobras unter Kontrolle hielt. Der Typ war super. Ganz in dunkelrot gekleidet und mit wirklich guter Ausstrahlung.  Da die Treppe an der Stelle um die Ecke geht, könnt ihr euch die Gesichter derer vorstellen, die treppauf um die Ecke kamen und den Schlangen direkt ins Gesicht schauten. Herrliche Szenen, sag ich euch! Das war wieder so ein Moment, für den es sich gelohnt hat, hier her zu kommen…

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Himalaya

So, das ist jetzt für 7 Tage der letzte Eintrag in meinen Blog. Morgen früh um 7 startet meine Trekking-Tour ins Hochgebirge. Hier in der Ebene hat es gut und gerne 30° C und ich war heute Wollmütze und Wollhandschuhe kaufen um freiwillig dort hin zu gehen, wo ihr (fast) alle wegwollt: ins kalte und verschneite Gebirge. Es ist noch nicht ganz klar, wie viele wir sein werden aber spätestens morgen werd ich es erfahren. Also drückt mir die Daumen, dass das Wetter gut ist, dass ich nicht irgendwo runterfalle und dass ich dann  viele schöne Erlebnisse und Fotos mit euch teilen kann.

Ein bisschen schwer fällt es mir schon, den Ort zu verlassen. Ich habe hier jetzt schon so viele nette Leute kennengelernt. Und auf die Gefahr hin, dass ich es noch nicht erwähnt hatte, der Frauenanteil liegt hier bei guten 70 bis 80 Prozent. Und hübsch sind sie, die Yogalehrerinnen und Heilerinnen! Da läßt sich’s aushalten. Aber am 12. bin ich ja wieder zurück. Ich hoffe ich halte das aus…

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Schlechte Vorzeichen

Der Tag ließ sich nicht sonderlich gut an. In der Nacht vor unserem Start in die Berge Indiens spielte mein Magen bereits komplett verrückt. Am Vorabend ging ein dickes Gewitter über Rishikesh nieder, wie es typisch ist für die Berge. Helle Blitze und krachender Donner reinigten die Luft. Und so was ähnliches passierte auch in meinem Verdauungstrakt. Keine 5 Minuten bevor das Wetter umschlug, hatte ich mein persönliches „internes“ Gewitter. Aber gleich so heftig, dass ich nicht mehr wusste, wie herum ich mich zuerst der Kloschüssel zuwenden sollte. Weder leichte Nahrung noch Wasser konnte ich bei mir behalten. Ein Alptraum. Mein Ausflug in die Berge war plötzlich stark gefährdet. Ich entschied, den nächsten Morgen abzuwarten und dann endgültig zu entscheiden, ob ich den Trip mache oder nicht. Letztlich waren wir nur 3 Leute, und wenn ich absagte, fiel der ganze Trip ins Wasser…

Am nächsten Morgen ging es mir zuerst tatsächlich besser. Allerdings trieb mir die bloße Vorstellung, mein Reisegepäck hoch zum Trekkingbüro zu tragen schon den Schweiß auf die Stirn. Aber sobald ich mich bewegte, ging es mir deutlich besser. Auf dem Weg zum Startpunkt kaufte ich mir noch eine Flasche Wasser, da mein Mund völlig ausgetrocknet war und förmlich nach Flüssigkeit schrie. Um 7 Uhr wollten wir uns alle treffen und keine 15 Minuten und einen halben Liter Wasser später erreichte ich das Trekkingbüro – und mir ging es schon wieder besch… Ich sagte den Jungs, dass ich nicht weiß, ob ich in dem Zustand einen ganzen Tag im Jeep verbringen kann, bzw. ob wir mit all den evtl. notwendigen Unterbrechungen unser Ziel jemals erreichen konnten. Und wie zum Beweis für meinen Zustand spie ich den Jungs erst mal auf den Rasen hinterm Büro…

Die beiden Mit-Trekker hatten sich verspätet und so hatte ich noch Gelegenheit mein Vorhaben noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Und nach einer weiteren unfreiwilligen oralen Magenentleerung ging’s mir gleich sehr viel besser und ich entschied mich, mit zu kommen.

Meine Gruppe: Todd und Mimi aus Oregon. Frisch verheiratet und auf Honeymoon in Indien. Mimi war Inderin aus Mumbai, studierte und arbeitete aber in den Staaten. Beide waren Archäologen. Ein witziges und sehr nettes Pärchen. Wir sollten noch viel Spaß haben. Aber wir hatten auch noch ein paar echt harte Tage vor uns. Das war uns da aber noch nicht klar…

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Auf nach Joshimath

Von Rishikesh ging es „erst“ mal mit dem Jeep ins ca. 250 Kilometer entfernte Joshimath, Ausgangspunkt für die meisten Trekkings und Pilgerreisen ins Himalaya. Wir waren insgesamt 7 Personen im Fahrzeug: Mimi, Todd und ich, Ramesh unser Guide, Johnny der Koch, ein weiterer Helfer und natürlich der Fahrer. Vor uns lagen 250 Kilometer Straße die diesen Namen kaum verdient. Über die Hälfte davon „under construction“. Das bedeutet, dass aus einer sehr schlechten eine fürchterliche Straße wird. Voller Schlaglöcher und oft so schmal dass es nur in eine Richtung ging, der Gegenverkehr musste so lange warten. Es ging selten schneller als 40 km/h voran. Meistens deutlich langsamer. Und mit meinem nervösen Magen und leichter Entkräftung kamen mit die 10 Stunden Gerüttel und Geschüttel vor wie eine halbe Ewigkeit. Und die Fahrt war so voller Höhepunkte, dass wir genau einmal anhielten um ein Foto zu machen! Das war oberhalb von Devprayag, wo die beiden Flüsse Bhagirathi und Alaknanda zusammenfließen und daraus offiziell der Ganges hervorgeht.

Während der wenigen Pausen durfte ich zusehen, wie sich meine Mitreisenden den Magen voll schlugen – und das Essen sah echt lecker aus. Ich begnügte mich mit einer Coke, das war zur Zeit das einzige was mein Magen drin behielt. Und nach der 4. oder 5. Flasche war ich fast geneigt zu sagen, es ginge mir gut.

Abends um 6 erreichten wir Joshimath. Eine ziemlich herunter gekommene und hässliche Stadt auf knapp 2.000 Meter Höhe. Wurscht, ich war nur noch froh, aus dem Jeep zu kommen und die Aussicht auf eine heiße Dusche und ein bequemes Bett füllten mein gesamtes Denken aus. Wir waren ein einem staatlichen Hotel untergebracht. Die Zimmer waren groß und sauber und die Dusche war nach einer Stunde Aufheizzeit auch tatsächlich heiß. Und ich hatte zum ersten Mal wieder Hunger. Der Hotelmangager entsprach so in etwa einem Hüttenwirt bei uns. Leicht grummelig aber dennoch sehr nett. Er empfahl mir ein ganz einfaches Gericht aus Reis und Dahl und meinte, damit ginge es mir morgen wieder gut. Und genau so war es…

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Ein Winter-(Alp)-Traum…

Ich hoffte ja, dass wir am Morgen direkt von Joshimath los laufen würden, aber zuerst „durften“ wir wieder in den Jeep steigen und weitere 10 Kilometer und über 1.000 Höhenmeter nach Auli fahren. Na danke! Aber wenigstens das Wetter war gut. Der Himmel war klar und nur einzelne Wolken hingen in den nahen 6Tausendern. Aber das sollte sich noch gründlich ändern. Doch dazu später.

Anderthalb Stunden später erreichten wir Auli. DAS Wintersportzentrum Indiens! 2 Pisten mit einer Gesamtlänge von nicht mal 3 Kilometer, 2 Lifte und das war’s weitestgehend. Ansonsten war der Berg eine einzige Baustelle. Hier finden im Dezember die Asien-Winterspiele statt und die bauten gerade mit Hilfe von österreichischen Firmen eine neue Liftanlage und vor allem eine neue Piste. Allerdings werden dass keine sehr spannenden Abfahrtsläufe. Die Piste wird nicht sonderlich steil und länger als 1,5 km dürfte sie auch nicht sein. Bei uns wär‘ die definitiv ’ne Anfängerpiste.

Mittlerweile waren wir auf 3.000 Meter angekommen und der Himmel zog sich mehr und mehr zu. Die normale Temperatur um diese Jahreszeit betrug 15°C und der Winter war eh schon sehr mild. Die Berge in dieser Region hatten so gut wie keinen Schnee gesehen. Aber das sollte sich gleich ändern. Von Minute zu Minute wurde es kälter und ich merkte jetzt schon, dass meine Ausrüstung völlig unzureichend ist. Mit den Klamotten würde ich an einem kühlen Herbsttag vielleicht mal auf’n Grasberg gehen. Aber jetzt lag unser erstes Camp auf 3.300 Metern! Die beiden anderen hatten noch schlechtere Ausrüstung. Todd war mit Halbschuhen und Mimi mit gewöhnlichen Turnschuhen unterwegs. Und 8 Stunden Trekking lagen noch vor uns…

Am Anfang ging es ziemlich steil aufwärts und wir erreichten sehr bald schon die 3.500 Meter Grenze. Dabei befanden wir uns immer noch in herrlichen, uralten Bergwäldern. Hier standen riesige Eichenbäume, die zum Teil 400 bis 500 Jahre alt waren. Und kein Mensch griff in dieses System ein. Die Wälder kultivierten sich quasi selbst und diese Ursprünglichkeit war förmlich zu greifen. Allerdings waren wir alle so sehr mit frieren beschäftigt und hatten deshalb nicht so viel Raum für die Schönheiten der Natur. Von den Bergen war eh schon länger nichts mehr zu sehen. Tiefe Wolken bedeckten die Gipfel und die ersten Schneeflocken gingen auf uns nieder. Gott sei Dank sollten die Mulis, die unsere Ausrüstung zum Camp brachten, einen anderen Weg nehmen und bereits vor uns am Ziel sein. Die Aussicht auf einen heißen Chai, warmes Essen und einen dicken Schlafsack trieben uns an. Doch es sollte wieder einmal anders kommen. Die kürzere Route war total eingeschneit. Für die Mulis gab es kein Durchkommen. Und unsere Route sei zu gefährlich für die Mulis! Aha…

Also mussten die wieder absteigen und einen anderen Weg zum Lager nehmen. Das bedeutete aber auch, dass wir ohne warme Getränke oder Essen erst mal 4 Stunden auf die Mulis warten mussten. Im Freien, ohne viele Möglichkeiten uns gegen das Wetter zu schützen. Ramesh war allerdings guter Dinge. Ihm schien das Wetter zu gefallen. Alles eine Frage der Akklimatisierung. Wir machen gleich ein Feuer, wenn wir ankommen und dann geht es allen gleich viel besser.

Ich war mittlerweile stinksauer. Auf mich selbst, aber auch auf Ramesh, weil er die Situation bei der Buchung total runter gespielt hatte. Ich hatte ihm meine Klamotten gezeigt und er meinte, das würde schon ausreichen. Dabei sollte ich es ja von Garmisch her besser wissen. Und das war es, was mich doppelt ärgerte. Ich wusste, wenn ich von dem Trip nicht runter komme wird das alles eine Katastrophe, aber sich bei 35 Grad die Berge vorzustellen und dann am Gefrierpunkt darauf rum zu laufen sind halt 2 Paar Schuhe. Ich fror wie ein Schneider. Und immer noch 4 Stunden Fußmarsch vor uns…

Dann endlich kamen wir zum Camp, oder vielmehr da hin, wo das Camp später mal stehen soll. Ramesh fing sofort an, ein Feuer zu machen. Unter einem Felsvorsprung stapelte er Holz und schnell brannte ein kleines wärmendes Feuer. Allerdings lag das so geschützt, und die Felsplatte war so schräg, dass es fast nicht möglich war, sich daran zu wärmen. Ich stand da, und schüttelte nur noch den Kopf. Man musste sich wirklich hinkauern um dem Feuer nahe zu kommen und da das Holz vom vielen Schnee feucht war, saßen wir mehr oder weniger im dicken Qualm. Und es sollte noch mal 3 Stunden dauern, bis die Mulis kamen…

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