Apr. 6, 2009 | Allgemein, Himalaya, Rishikesh
So, das ist jetzt für 7 Tage der letzte Eintrag in meinen Blog. Morgen früh um 7 startet meine Trekking-Tour ins Hochgebirge. Hier in der Ebene hat es gut und gerne 30° C und ich war heute Wollmütze und Wollhandschuhe kaufen um freiwillig dort hin zu gehen, wo ihr (fast) alle wegwollt: ins kalte und verschneite Gebirge. Es ist noch nicht ganz klar, wie viele wir sein werden aber spätestens morgen werd ich es erfahren. Also drückt mir die Daumen, dass das Wetter gut ist, dass ich nicht irgendwo runterfalle und dass ich dann viele schöne Erlebnisse und Fotos mit euch teilen kann.

Ein bisschen schwer fällt es mir schon, den Ort zu verlassen. Ich habe hier jetzt schon so viele nette Leute kennengelernt. Und auf die Gefahr hin, dass ich es noch nicht erwähnt hatte, der Frauenanteil liegt hier bei guten 70 bis 80 Prozent. Und hübsch sind sie, die Yogalehrerinnen und Heilerinnen! Da läßt sich’s aushalten. Aber am 12. bin ich ja wieder zurück. Ich hoffe ich halte das aus…
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Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya, Rishikesh
Der Tag ließ sich nicht sonderlich gut an. In der Nacht vor unserem Start in die Berge Indiens spielte mein Magen bereits komplett verrückt. Am Vorabend ging ein dickes Gewitter über Rishikesh nieder, wie es typisch ist für die Berge. Helle Blitze und krachender Donner reinigten die Luft. Und so was ähnliches passierte auch in meinem Verdauungstrakt. Keine 5 Minuten bevor das Wetter umschlug, hatte ich mein persönliches „internes“ Gewitter. Aber gleich so heftig, dass ich nicht mehr wusste, wie herum ich mich zuerst der Kloschüssel zuwenden sollte. Weder leichte Nahrung noch Wasser konnte ich bei mir behalten. Ein Alptraum. Mein Ausflug in die Berge war plötzlich stark gefährdet. Ich entschied, den nächsten Morgen abzuwarten und dann endgültig zu entscheiden, ob ich den Trip mache oder nicht. Letztlich waren wir nur 3 Leute, und wenn ich absagte, fiel der ganze Trip ins Wasser…
Am nächsten Morgen ging es mir zuerst tatsächlich besser. Allerdings trieb mir die bloße Vorstellung, mein Reisegepäck hoch zum Trekkingbüro zu tragen schon den Schweiß auf die Stirn. Aber sobald ich mich bewegte, ging es mir deutlich besser. Auf dem Weg zum Startpunkt kaufte ich mir noch eine Flasche Wasser, da mein Mund völlig ausgetrocknet war und förmlich nach Flüssigkeit schrie. Um 7 Uhr wollten wir uns alle treffen und keine 15 Minuten und einen halben Liter Wasser später erreichte ich das Trekkingbüro – und mir ging es schon wieder besch… Ich sagte den Jungs, dass ich nicht weiß, ob ich in dem Zustand einen ganzen Tag im Jeep verbringen kann, bzw. ob wir mit all den evtl. notwendigen Unterbrechungen unser Ziel jemals erreichen konnten. Und wie zum Beweis für meinen Zustand spie ich den Jungs erst mal auf den Rasen hinterm Büro…
Die beiden Mit-Trekker hatten sich verspätet und so hatte ich noch Gelegenheit mein Vorhaben noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Und nach einer weiteren unfreiwilligen oralen Magenentleerung ging’s mir gleich sehr viel besser und ich entschied mich, mit zu kommen.
Meine Gruppe: Todd und Mimi aus Oregon. Frisch verheiratet und auf Honeymoon in Indien. Mimi war Inderin aus Mumbai, studierte und arbeitete aber in den Staaten. Beide waren Archäologen. Ein witziges und sehr nettes Pärchen. Wir sollten noch viel Spaß haben. Aber wir hatten auch noch ein paar echt harte Tage vor uns. Das war uns da aber noch nicht klar…
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Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya
Von Rishikesh ging es „erst“ mal mit dem Jeep ins ca. 250 Kilometer entfernte Joshimath, Ausgangspunkt für die meisten Trekkings und Pilgerreisen ins Himalaya. Wir waren insgesamt 7 Personen im Fahrzeug: Mimi, Todd und ich, Ramesh unser Guide, Johnny der Koch, ein weiterer Helfer und natürlich der Fahrer. Vor uns lagen 250 Kilometer Straße die diesen Namen kaum verdient. Über die Hälfte davon „under construction“. Das bedeutet, dass aus einer sehr schlechten eine fürchterliche Straße wird. Voller Schlaglöcher und oft so schmal dass es nur in eine Richtung ging, der Gegenverkehr musste so lange warten. Es ging selten schneller als 40 km/h voran. Meistens deutlich langsamer. Und mit meinem nervösen Magen und leichter Entkräftung kamen mit die 10 Stunden Gerüttel und Geschüttel vor wie eine halbe Ewigkeit. Und die Fahrt war so voller Höhepunkte, dass wir genau einmal anhielten um ein Foto zu machen! Das war oberhalb von Devprayag, wo die beiden Flüsse Bhagirathi und Alaknanda zusammenfließen und daraus offiziell der Ganges hervorgeht.

Während der wenigen Pausen durfte ich zusehen, wie sich meine Mitreisenden den Magen voll schlugen – und das Essen sah echt lecker aus. Ich begnügte mich mit einer Coke, das war zur Zeit das einzige was mein Magen drin behielt. Und nach der 4. oder 5. Flasche war ich fast geneigt zu sagen, es ginge mir gut.
Abends um 6 erreichten wir Joshimath. Eine ziemlich herunter gekommene und hässliche Stadt auf knapp 2.000 Meter Höhe. Wurscht, ich war nur noch froh, aus dem Jeep zu kommen und die Aussicht auf eine heiße Dusche und ein bequemes Bett füllten mein gesamtes Denken aus. Wir waren ein einem staatlichen Hotel untergebracht. Die Zimmer waren groß und sauber und die Dusche war nach einer Stunde Aufheizzeit auch tatsächlich heiß. Und ich hatte zum ersten Mal wieder Hunger. Der Hotelmangager entsprach so in etwa einem Hüttenwirt bei uns. Leicht grummelig aber dennoch sehr nett. Er empfahl mir ein ganz einfaches Gericht aus Reis und Dahl und meinte, damit ginge es mir morgen wieder gut. Und genau so war es…
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Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya

Ich hoffte ja, dass wir am Morgen direkt von Joshimath los laufen würden, aber zuerst „durften“ wir wieder in den Jeep steigen und weitere 10 Kilometer und über 1.000 Höhenmeter nach Auli fahren. Na danke! Aber wenigstens das Wetter war gut. Der Himmel war klar und nur einzelne Wolken hingen in den nahen 6Tausendern. Aber das sollte sich noch gründlich ändern. Doch dazu später.
Anderthalb Stunden später erreichten wir Auli. DAS Wintersportzentrum Indiens! 2 Pisten mit einer Gesamtlänge von nicht mal 3 Kilometer, 2 Lifte und das war’s weitestgehend. Ansonsten war der Berg eine einzige Baustelle. Hier finden im Dezember die Asien-Winterspiele statt und die bauten gerade mit Hilfe von österreichischen Firmen eine neue Liftanlage und vor allem eine neue Piste. Allerdings werden dass keine sehr spannenden Abfahrtsläufe. Die Piste wird nicht sonderlich steil und länger als 1,5 km dürfte sie auch nicht sein. Bei uns wär‘ die definitiv ’ne Anfängerpiste.
Mittlerweile waren wir auf 3.000 Meter angekommen und der Himmel zog sich mehr und mehr zu. Die normale Temperatur um diese Jahreszeit betrug 15°C und der Winter war eh schon sehr mild. Die Berge in dieser Region hatten so gut wie keinen Schnee gesehen. Aber das sollte sich gleich ändern. Von Minute zu Minute wurde es kälter und ich merkte jetzt schon, dass meine Ausrüstung völlig unzureichend ist. Mit den Klamotten würde ich an einem kühlen Herbsttag vielleicht mal auf’n Grasberg gehen. Aber jetzt lag unser erstes Camp auf 3.300 Metern! Die beiden anderen hatten noch schlechtere Ausrüstung. Todd war mit Halbschuhen und Mimi mit gewöhnlichen Turnschuhen unterwegs. Und 8 Stunden Trekking lagen noch vor uns…

Am Anfang ging es ziemlich steil aufwärts und wir erreichten sehr bald schon die 3.500 Meter Grenze. Dabei befanden wir uns immer noch in herrlichen, uralten Bergwäldern. Hier standen riesige Eichenbäume, die zum Teil 400 bis 500 Jahre alt waren. Und kein Mensch griff in dieses System ein. Die Wälder kultivierten sich quasi selbst und diese Ursprünglichkeit war förmlich zu greifen. Allerdings waren wir alle so sehr mit frieren beschäftigt und hatten deshalb nicht so viel Raum für die Schönheiten der Natur. Von den Bergen war eh schon länger nichts mehr zu sehen. Tiefe Wolken bedeckten die Gipfel und die ersten Schneeflocken gingen auf uns nieder. Gott sei Dank sollten die Mulis, die unsere Ausrüstung zum Camp brachten, einen anderen Weg nehmen und bereits vor uns am Ziel sein. Die Aussicht auf einen heißen Chai, warmes Essen und einen dicken Schlafsack trieben uns an. Doch es sollte wieder einmal anders kommen. Die kürzere Route war total eingeschneit. Für die Mulis gab es kein Durchkommen. Und unsere Route sei zu gefährlich für die Mulis! Aha…

Also mussten die wieder absteigen und einen anderen Weg zum Lager nehmen. Das bedeutete aber auch, dass wir ohne warme Getränke oder Essen erst mal 4 Stunden auf die Mulis warten mussten. Im Freien, ohne viele Möglichkeiten uns gegen das Wetter zu schützen. Ramesh war allerdings guter Dinge. Ihm schien das Wetter zu gefallen. Alles eine Frage der Akklimatisierung. Wir machen gleich ein Feuer, wenn wir ankommen und dann geht es allen gleich viel besser.
Ich war mittlerweile stinksauer. Auf mich selbst, aber auch auf Ramesh, weil er die Situation bei der Buchung total runter gespielt hatte. Ich hatte ihm meine Klamotten gezeigt und er meinte, das würde schon ausreichen. Dabei sollte ich es ja von Garmisch her besser wissen. Und das war es, was mich doppelt ärgerte. Ich wusste, wenn ich von dem Trip nicht runter komme wird das alles eine Katastrophe, aber sich bei 35 Grad die Berge vorzustellen und dann am Gefrierpunkt darauf rum zu laufen sind halt 2 Paar Schuhe. Ich fror wie ein Schneider. Und immer noch 4 Stunden Fußmarsch vor uns…
Dann endlich kamen wir zum Camp, oder vielmehr da hin, wo das Camp später mal stehen soll. Ramesh fing sofort an, ein Feuer zu machen. Unter einem Felsvorsprung stapelte er Holz und schnell brannte ein kleines wärmendes Feuer. Allerdings lag das so geschützt, und die Felsplatte war so schräg, dass es fast nicht möglich war, sich daran zu wärmen. Ich stand da, und schüttelte nur noch den Kopf. Man musste sich wirklich hinkauern um dem Feuer nahe zu kommen und da das Holz vom vielen Schnee feucht war, saßen wir mehr oder weniger im dicken Qualm. Und es sollte noch mal 3 Stunden dauern, bis die Mulis kamen…

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Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya
Die erste Nacht war der reine Horror. Eingezwängt in den Schlafsack in einem zu kleinen Zelt, das alle paar Stunden vom Schnee befreit werden musste, damit es nicht einknickte. Ich glaube, ich habe kein Auge zu gemacht. Es war nicht mehr ganz so kalt und mir war der Schlafsack schon wieder fast zu warm. Irgendwann hatte meine Matratze die Luft verloren, die Fleece-Hülle hatte sich bis derart um mich herum gewickelt, dass ich mich schier nicht mehr bewegen konnte als meine Blase meinte, sie müsse jetzt sofort raus zum Pinkeln. Ich war kurz vorm Durchdrehen! Und das wiederholte sich noch vier mal in der Nacht. Dabei hatte ich gar nicht so viel getrunken. Aber mein Körper war in heller Aufruhr, die Akklimatisierung in vollem Gange.
Obwohl ich genau sehen konnte, dass sich mein Konflikt nur in meinem Kopf abspielte, schaffte ich es nicht, mich zu beruhigen. Wenn ich es doch nur schaffe, mit den Umständen einfach zu sein, wäre alles gut. Und das war schon wieder ein Konflikt mehr. Ich brauchte noch die ganze Nacht und den nächsten halben Tag um mich mit der Situation abzufinden.
Das Wetter war am nächsten Morgen immer noch schlecht. Es schneite nicht mehr so stark, aber mit unserer miesen Ausrüstung war an ein Weitergehen nicht zu denken. Wir verbrachten also den ganzen langweiligen Tag im Lager. Keine Bücher, keine Karten, kein Gar nix! Ich weiß schon gar nicht mehr wie wir die Zeit rum gekriegt habe.
Am Nachmittag klarte es zum ersten mal auf und wir haben einen kurzen Ausflug auf einen nahen Gipfel gemacht. Die Aussicht genießen. Die war auch tatsächlich atemberaubend. Aber dort oben pfiff ein so eiskalter Wind, sodass wir nach wenigen Minuten umdrehen mussten und wieder zurück ins Camp gingen. Ich hatte mich mittlerweile an die Kälte gewöhnt. Nur der Wind war jetzt wirklich eklig.
Obwohl für den 3. Tag gutes Wetter angekündigt war, entschieden wir am Abend, dass wir morgen absteigen wollten. 2 Tage in Schnee und Kälte waren genug. Noch eine Nacht in dem winzigen Zelt, und ich drehe wirklich durch. Und die Möglichkeit, dass das Wetter erneut umschlägt, war ja auch noch da.
Der Himmel klarte am Abend tatsächlich auf und in einer eiskalten und sternenklaren Vollmond-Nacht fiel es mir schon viel leichter, den nächtlichen Weg zur Toilette zu finden 😉
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Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya
Am Morgen weckte uns die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen. Das Wetter war phantastisch. Strahlend blauer Himmel und nicht das geringste Wölkchen zu sehen. Und die umliegenden Gipfel in strahlendem weiß. Erst jetzt konnten sie ihre wahre Pracht und Größe zur Geltung bringen. Im Hintergrund erstrahlte die Nanda Devi, mit ihren 7800 Metern der höchste Berg Indiens. Und auch die anderen 6 und 7Tausender strahlten mit uns um die Wette! What a day…

Der Abstieg war 12 Kilometer lang und führte vorbei an Bächen, über wundervolle Wiesen und durch die uralten Bergwälder. An einigen stellen blühte noch der Rhododendron. Und umrahmt wurde das Ganze von der gigantischen Bergkulisse des Himalaya.
Die Menschen leben hier in einfachen Behausungen und sind fast vollständig Selbstversorger. Da hier das ganze Jahr über Wasser fließt, bauen sie in den typischen Terrassenfeldern Getreide oder Gemüse an. Je nachdem, was gerade benötigt wird. Und in genial einfachen Mühlen, die vom Wasser angetrieben werden, mahlen sie ihr Getreide zu Mehl. Irgendwie paradiesisch. Und alle lächeln und sind freundlich. Ob wir genügend zu trinken haben, ob die Füße nicht schon zu heiß sind und wir ein kühles Fußbad nehmen wollten, und und und… Einfach nur zum herzen!

Woran man sich erst mal gewöhnen muss, ist dass hier oben auf 2.500 Metern auch Affen leben! Ein seltsamer Anblick. In meiner Vorstellung lebten die nur drunten in den Ebenen und jetzt hocken die hier auf den Bäumen und Feldern und leben scheinbar in Gemeinschaft mit den Menschen. Obwohl sie gleichzeitig sehr scheu sind, und es mir nur zweimal gelungen ist, sie zu fotografieren.

Der Weg war wirklich ein Traum. Ich weiß nicht, wie viele Stunden wir unterwegs waren, bis wir die Straße wieder erreicht hatten. Die Mulis waren bereits abgeladen und mit ihren Treibern längst über alle Berge. Wir warteten jetzt erst mal darauf, einen Jeep zu organisieren, der uns zurück nach Joshimath bringen sollte. Unser Fahrer war ja erst für morgen wieder bestellt. Aber in Indien gehen solche Dinge meist schnell und unkompliziert. Da leiht sich halt ein Arbeiter den Jeep seines Chefs und fährt uns erst mal 4 Stunden in die nächste Stadt. Dort wurde kurz auf den nächsten Jeep umgeladen und weiter ging es Richtung Tal. Da es noch früh am Tag war, wollten wir heute bereits so viel Wegstrecke wie möglich zurücklegen. Alles was wir heute schaffen, müssen wir morgen nicht mehr fahren. Irgendwo war dann aber Schluss und wir fanden ein nettes kleines Hotel für die Nacht. Da deren Küche nicht in Betrieb war, stellten die Jungs wieder das Küchenzelt auf und begannen im Garten des Hotels erneut Camp-Atmosphäre zu schaffen. Und das Essen war wie schon die Tage vorher hervorragend. Es gelang Johnny sogar mit der wenigen Küchenausstattung einen Kuchen zu backen! So konnten wir das vorzeitige Ende unseres Trekkings wenigsten gebührend feiern…
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