Die Stadt verändert ihr Gesicht

Es ist, als ob sich Mumbai hinter einem Vorhang aus Dreck und Gestank verbergen würde und erst ganz langsam den Blick auf seine wahre Schönheit preisgibt. Ich hatte mir an den ersten beiden Tagen einige der Sehenswürdigkeiten angeschaut und war eigentlich nur enttäuscht. Wie kann man so was schön finden, dachte ich jedesmal. Die Märkte waren irgendwie trostlos und schienen im Dreck zu versinken. Die Häuser verfallen und runtergekommen. Ihr einstiger Glanz war für mich kaum zu entdecken.

Und jetzt, nach einer Woche sieht alles ganz anders aus. Der Colaba Market zum Beispiel ist jetzt bunt und lebendig. Die Auswahl an Obst und Gemüse ist riesig und die Menschen freundlich. Aber was mich am meisten beeindruckt ist die Schönheit der Gebäude. Hier stehen herrliche Jugendstil-Villen in direkter Nachbarschaft zu spätgotischen Herrenhäusern. Zu seiner Entstehungszeit muss Mumbai ein architektonischer Traum gewesen sein. Und auch jetzt noch strahlen die Gebäude eine Kraft und Schönheit aus, die sehr berührt. Einige der Gebäude werden vom Staat oder privaten Stiftungen renoviert und erstrahlen in altem neuen Glanz. Und in den Hinterhöfen oder kleinen Seitenstraßen stehen wahre architektonische Perlen und warten nur darauf, ihren Dornröschenschlaf zu beenden. Leider sind die Immobilienpreise hier mit die Höchsten in der Welt… Also das mit der schicken Stadtwohnung wird schon mal nix 🙁 …

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Auf nach Kalkutta!

Eigentlich wollte ich ja direkt nach Varanasi und Kalkutta ausfallen lassen. Ich hatte irgendwie genug von der Großstadt. Aber Varanasi antwortet nicht! Keine meiner Reservierungsanfragen wurde beantwortet. Ok, eine. Und das war ’ne Absage. Also soll es nicht sein. Nun doch die ursprünglich geplante Route. Und jetzt sehe ich langsam auch warum…

Am Dienstag früh um 6:00 Uhr geht’s los. Abfahrt des Gitanjali Express an Gleis 18. Durchschnittsgeschwindigkeit 60 km/h. Reisedauer 30 Stunden. Ankunft in Kalkutta, mittags gegen 13:00 Uhr. Dort werde ich dann ein paar Tage bleiben. Aber erst mal muss ich noch ein geeignetes Hotel finden…

Dann geht’s weiter nach Bodhgaya. Hier fand Prinz Siddhartha Gautama Erleuchtung und wurde so zu Buddha. Danach kommt gleich der nächste wichtige Pilgerplatz der Buddhisten: Sarnath. Der Ort liegt nur 10 Kilometer von Varanasi entfernt. Hier hielt Buddha seine erste Predigt über den mittleren Pfad zum Nirvana. Ihr merkt schon. Langsam beginnt die Reise nach Innen… Ich hoffe nur, der Weg ist gut ausgeschildert 😉 !

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Mum bye bye

Gestern noch einen entspannten, um nicht zu sagen langweiligen Museumstag eingelegt. Mittlerweile ist es so heiß hier, das jedes Gebäude mit Klimaanlage an sich schon eine hohe Anziehungskraft entwickelt. Und Museen sind ja in der Regel klimatisiert. Auch in Indien. Also nix wie rein ins Historische Museum. Hier gibt’s sogar einen kostenlosen Audio-Guide (auch auf Deutsch). Allerdings waren die für mich interessanten Objekte eher in geringer Zahl vorhanden, aber die Hinduistische und Tibetische Abteilung sind beeindruckend. Ach ja und die Waffensammlung: Womit die sich über die Jahrhunderte so die Köpfe eingeschlagen haben, ist schon furchteinflößend und auf gewisse Art auch beeindruckend. Wahrscheinlich stehen Männer einfach auf Schwerter, Dolche und so’n Zeug. Mir hat’s jedenfalls gefallen 😉

Dann gibt’s hier eine staatliche Galerie, in der lokale Künstler ihre Werke ausstellen können. Auch hier waren einige schöne Bilder ausgestellt. Aber das ist doch alles sehr überschaubar. Nach einer Stunde hast du alles 2 oder dreimal gesehen. Aber es ist halt herrlich kühl hier drin. Trotzdem hilft’s nix. Der Tag ist noch jung und viel Zeit bleibt mir hier ja nicht mehr. Also hab ich mich noch mal zu Fuß in Richtung Chowbatty Beach aufgemacht. Mit dem Taxi fahren ist natürlich viel bequemer, aber du siehst halt nicht viel und vor allem spürst du das Leben viel intensiver wenn du zu Fuß unterwegs bist. Und ich find es immer wieder spannend in irgendeine Straße reinzulaufen und zu schauen wohin sie mich führt. Das ist ein ganz anderes Leben hier in diesem Stadtviertel. Hier verlaufen sich nur wenige Touristen hin und dadurch kannst du dich auch ganz entspannt und unbelästigt alles ansehen. Die Architektur ist mal wieder der Hammer. Hier stehen Jugenstil-Häuser, da haut’s dich um. Und hier wird offensichtlich viel Geld investiert, denn viele davon sind in außerordentlich gutem Zustand und liebevoll restauriert.

Ich bin dann noch ’ne halbe Stunde an einem Kricket-Feld stehen geblieben und hab versucht zu ergründen, worum es bei dem Spiel eigentlich geht. Keine Chance. Das Ganze ähnelt zwar dem amerikanischen Baseball, ist gleichzeitig aber doch völlig anders. Ich muss mir da mal ein Regelheft – oder ist es ein Buch? – kaufen 🙂 … Meine Füße glühen. Ich nehm‘ ein Taxi zurück…

Ach noch was: Eliane, die Wette hättest du gewonnen. Das mit dem Internet-Stick wird definitiv nichts mehr! Einzelheiten warum und wieso erspar ich mir lieber. Aber es war mal wieder zum Piepen mit den Inderles 🙂

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Laxmi Villas

Das ist der Name meines Lieblingsrestaurants gleich um die Ecke vom Leopolds. Trotzdem trifft man hier nur selten Touristen an, und das obwohl es sogar ein Tipp im Lonely Planet ist. Das Essen hier ist einfach der Hammer (Gut, für Daggi und Sabine wär’s wahrscheinlich nichts 🙂 ). Obwohl ich eigentlich selten weiß, was da gerade vor mir steht, schmeckte bisher alles fantastisch. Und wenn die Rechnung kommt, hast du mit allem drum und dran gerade mal 2 Euro bezahlt.

Und gestern hatte ich hier so ne richtig nette Begegnung mit 2 jungen indischen Mädels. Der Laden war rappelvoll und nur bei mir am Tisch waren 2 Plätze frei. Die Ältere fragte sehr höflich, ob sie sich dazu setzen dürften. Keine Frage, na klar. Ich kannte die beiden vom Sehen. Beide verkaufen am Colaba Causeway Blumenbänder an Touristen und schlagen sich so durchs Leben. Und wie ich dann erfahren habe, auch noch immer mit einem Bein im Gefängnis, weil sie keine Lizenz haben. Die beiden waren so offen und freundlich – und wollten mir nicht mal was verkaufen… Ich war den ganzen Luftballon- Postkarten- und eben Blumenverkäufern bislang eher abweisend begegnet. Sie sind einfach so viele und du wirst ständig angequatscht und beim zwanzigsten „Something, Sir?“ bist du halt genervt. Und jetzt saßen mir zwei von ihnen gegenüber. Plötzlich siehst du die Menschen hinter den Worten, ihre Not und auch ihren Mut, sich diesem Leben täglich neu zu stellen. Die beiden waren schätzungsweise 10 und 14 Jahre alt und vor allem die Ältere hatte ein Würde, die mich tief beeindruckt hat. Ich hoffe das bleibt so und sie schafft es, ein einigermaßen geordnetes Leben zu leben. Ich würde gerne helfen. Aber Geld zu schenken ist da kein Mittel. Zumindest ihr Essen hab ich für diesen Tag übernommen und ihnen noch ne süße Nachspeise spendiert. Aber so ganz losgelassen hat mich das noch nicht.

Leider ist die Zeit jetzt sehr knapp. Morgen früh geht’s ja schon weiter. Ich schau dennoch ob es hier Institutionen gibt, die so was wie Patenschaften anbieten. Die Chancen auf ein Leben steigen auch hier mit dem Grad der Bildung. Und wenn dafür gesorgt ist, dass die Kids was zu Essen bekommen, haben sie erst mal keinen Grund mehr, sich Tag und Nacht auf den Straßen rum zu treiben und dort ihre körperliche und seelische Gesundheit auf’s Spiel zu setzen. Om Shanti!

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Einer geht noch…

So, mein letzter Tag in Mumbai neigt sich dem Ende zu. Morgen früh um 5 hab ich ’ne Verabredung mit meinem Haus- und Hof-Chauffeur. Ich hoffe er wird wach und holt mich pünktlich ab. Den Tag heute habe ich genutzt, um noch einige Eindrücke von Mumbai mit der Kamera festzuhalten. Ich habe ja einiges über die Architektur geschrieben, jetzt könnt ihr euch ein eigenes Bild davon machen… Wie immer findet ihr auf der Seite Bilder eine Übersicht. Die habe ich jetzt so eingerichtet, dass die neuesten Bilder immer zuerst kommen.

Ich werde die Stadt vermissen. Fühl mich schon fast wie zu Hause. Bin gespannt was noch so kommt. Ihr werdet jetzt also so 2 Tage nichts von mir hören. Die verbringe ich zum großen Teil im Zug und in Kalkutta muss ich mich erst mal zurechtfinden. Aber da wird sicher auch schnell ein Internet-Café hergehen…

Bis bald! Und danke schon mal für die netten Kommentare… Irgendwie seid ihr dadurch alle bei mir hier in Indien!

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One more Mumbai

Nachdem ich wohlbehalten in Mumbai gelandet war, hatte ich ja noch knapp 10 Stunden Zeit bis zum Weiterflug nach München. Was tun? Das Taxi braucht hin und zurück knapp 3 Stunden und kostet nochmal richtig Geld. Aber 10 Stunden in der Wartehalle am Flughafen? Da ist hysterisches Durchdrehen garantiert…

War noch die Frage mit dem Gepäck zu klären. Am Internationalen Flughafen gab es keine Möglichkeit der Gepäckaufbewahrung. Die gibt’s nämlich nur am Domestic-Airport. Gott sei Dank sind die beiden nur 4 Kilometer voneinander entfernt. Also alles Gepäck für kleines Geld in die Aufbewahrung und nur bewaffnet mit meinen Rest-Rupees und jeder Menge Vorfreude ins Taxi Richtung Colaba. Und das war wie nach Hause kommen…

Im Sonnenuntergang vorbei an der Haji Ali Moschee, Chowbatty Beach und Marine Drive Richtung Gates of India… Ich sog den süßen Geruch von Mumbai auf wie ein Schwamm. Ich fühlte mich so wohl in dem Taxi, dass mich die Menschen in den anderen Fahrzeugen (wir standen ja überweigend im Stau…) anlächelten als würden sie sich freuen, dasss ich endlich wieder „zu Hause“ bin. Und so fühlte ich mich ja auch!

Um dem Abend eine besondere Note zu geben wollte ich ins Indigo, eines der besten und schönsten Restaurants von Colaba. Und obwohl ich etwas abgerissen aussah wurde ich freundlich begrüßt – und glatt an der Bar vergessen. Hab mich halt lange und ausgiebig mit dem Barkeeper über Cricket unterhalten. Hab’s aber immer noch nicht verstanden..

Eigentlich wollte ich zu meinem fürstlichen Mahl ein leckeres Weinchen trinken. Aber – in Mumbai waren Wahlen und das bedeutete „Dry Days“ – sprich kein Alkohol. War vielleicht auch besser so. Nach 3 klimatisierten Stunden und einer hervorragenden Mahlzeit (Hummersuppe mit Ravioli und TigerPrawns an grünem Salat mit Kaviar) bin ich raus aus’m Indigo, kurz noch auf’n Mango-Lassi-Abstecher ins Leopold und meine Kellnerfreunde begrüßt. Grad schee wars!

Jetzt musste langsam ein Taxi her, um wieder pünktlich am Flughafen zu sein. Mal schauen ob mein „alter“ Taxifahrer, der mich letztes Mal versetzt hatte noch da war. Und wie immer lag er schlafend auf der Motorhaube seines Taxis. Ich hab ihn geweckt und erst mal geschimpft. Erst war er ganz erschrocken doch dann hat er gemerkt, dass ich nur Spaß mache. Er hat mich dann gleich zu seinem guten, airconditioned Taxi gebracht. Allerdings mussten wir mit der Abfahrt noch ne halbe Stunde warten, bis ihm nämlich sein Schwager das Abendessen von zu Hause gebracht hatte. 16 Kilometer ist er dafür gefahren. Aber Home Food ist eben Home Food.

Die Fahrt durch das nächtliche Mumbai ging dann echt flott. Wir verstanden mal wieder nix, hatten aber richtig Spaß miteinander. Nur manchmal konnte er mir nicht antworten weil er die ganze Zeit auf irgend nem süßen Zeugs rumkaute nach dem es im ganzen Taxi roch. Dann fuhr er rechts ran – ohne aber anzuhalten –, öffnete die Fahrertür und spuckte die Brühe aus. Da er dabei nach unten schauen musste, schrammten wir da jedesmal nur knapp an einer Kollision mit anderen Fahrzeugen oder dem Bordstein vorbei. Man gewöhnt sich doch an so manches nach 2 Monaten…

Nachdem wir ca. ne weitere halbe Stunde gebraucht hatten um die gut versteckte und überhaupt nicht ausgeschilderte Gepäckaufbewahrung zu finden, hat er mich am Departure Gate abgesetzt. Ich hab ihm dann noch ein dickes Trinkgeld gegeben – und das Strahlen in seinem Gesicht hättet ihr sehen sollen! Von da an wollte er mich gar nicht mehr gehen lassen. Aber wat mutt dat mutt. Und 2 Stunden später saß ich in der Maschine nach Dubai…

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