Apr. 13, 2009 | Allgemein, Himalaya, Rishikesh
Der Tag ließ sich nicht sonderlich gut an. In der Nacht vor unserem Start in die Berge Indiens spielte mein Magen bereits komplett verrückt. Am Vorabend ging ein dickes Gewitter über Rishikesh nieder, wie es typisch ist für die Berge. Helle Blitze und krachender Donner reinigten die Luft. Und so was ähnliches passierte auch in meinem Verdauungstrakt. Keine 5 Minuten bevor das Wetter umschlug, hatte ich mein persönliches „internes“ Gewitter. Aber gleich so heftig, dass ich nicht mehr wusste, wie herum ich mich zuerst der Kloschüssel zuwenden sollte. Weder leichte Nahrung noch Wasser konnte ich bei mir behalten. Ein Alptraum. Mein Ausflug in die Berge war plötzlich stark gefährdet. Ich entschied, den nächsten Morgen abzuwarten und dann endgültig zu entscheiden, ob ich den Trip mache oder nicht. Letztlich waren wir nur 3 Leute, und wenn ich absagte, fiel der ganze Trip ins Wasser…
Am nächsten Morgen ging es mir zuerst tatsächlich besser. Allerdings trieb mir die bloße Vorstellung, mein Reisegepäck hoch zum Trekkingbüro zu tragen schon den Schweiß auf die Stirn. Aber sobald ich mich bewegte, ging es mir deutlich besser. Auf dem Weg zum Startpunkt kaufte ich mir noch eine Flasche Wasser, da mein Mund völlig ausgetrocknet war und förmlich nach Flüssigkeit schrie. Um 7 Uhr wollten wir uns alle treffen und keine 15 Minuten und einen halben Liter Wasser später erreichte ich das Trekkingbüro – und mir ging es schon wieder besch… Ich sagte den Jungs, dass ich nicht weiß, ob ich in dem Zustand einen ganzen Tag im Jeep verbringen kann, bzw. ob wir mit all den evtl. notwendigen Unterbrechungen unser Ziel jemals erreichen konnten. Und wie zum Beweis für meinen Zustand spie ich den Jungs erst mal auf den Rasen hinterm Büro…
Die beiden Mit-Trekker hatten sich verspätet und so hatte ich noch Gelegenheit mein Vorhaben noch mal durch den Kopf gehen zu lassen. Und nach einer weiteren unfreiwilligen oralen Magenentleerung ging’s mir gleich sehr viel besser und ich entschied mich, mit zu kommen.
Meine Gruppe: Todd und Mimi aus Oregon. Frisch verheiratet und auf Honeymoon in Indien. Mimi war Inderin aus Mumbai, studierte und arbeitete aber in den Staaten. Beide waren Archäologen. Ein witziges und sehr nettes Pärchen. Wir sollten noch viel Spaß haben. Aber wir hatten auch noch ein paar echt harte Tage vor uns. Das war uns da aber noch nicht klar…
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Apr. 14, 2009 | Allgemein, Rishikesh
Zurück in der Hitze der indischen Hochebene. Ein Genuß nach den eisigen Tagen in den Bergen. Und hier wird’s langsam leerer. Die meisten Inder und Touris machen sich von hier aus auf in die kühlen Sommerresidenzen und ziehen gen Moussorie oder Dharamsala. Da hat’s ca. 10° weniger als hier (aktuell 38°C im Schatten). Ich genieße die Hitze und wenn ich den Leuten erzähle, dass ich nächste Woche noch nach Goa fliege schütteln die nur mit dem Kopf 🙂 Ich reise jetzt halt antizyklisch…
Die Tage hier sind echt relaxed. Aktiv kannst du eigentlich nur morgens zwischen 8 und 11 Uhr sein und am Nachmittag ab 5 wird’s dann auch wieder erträglich. Um die Mittagszeit, wenn die Sonne so richtig runterbrennt und die Verkäufer hinter ihren Ständen einnicken bin ich allerdings am liebsten unterwegs. Es ist ruhig und in den abgelegeneren Zeltcafés treffen sich Gleichgesinnte. Ich lerne hier jeden Tag neue Leute kennen. Und das Spektrum reicht von „einfachen“ Travellern bis hin zu Visionären, die hier einen neuen Lebens- und Arbeitsstil testen wollen. Die meisten übrigens aus der IT-Welt.
Ansonsten ist das Leben seeehr langsam geworden. Es gibt auch nicht mehr so viel zu schreiben. Das hier ist jetz Urlaub und Entspannung und mal nicht irgendwohin zu müssen tut gerade richtig gut. Ich genieß das jetzt noch bis zum 20ten. Dann geht’s mit dem Zug von Haridwar nach Delhi und von dort mit dem Flugzeug nach Goa. Ich bin sicher, wir werden die 40 Grad im Schatten locker knacken. Aber ich habe hier mal wieder so richtig festgestellt, dass ich die Hitze liebe und die Kälte einfach nicht meins ist… Was immer das für die Zukunft bedeuten mag 😉
In Goa hoffe ich endlich mal ein paar Geschenke für die daheim gebliebenen zu finden. Hier ist eigentlich alles Schrott. Sieht aus, als würde eine einzige Firma billigen Plunder für ganz Indien produzieren. Alles was hier ausliegt ist wirklich Schrott und ich würde mich schämen, das mit nach Hause zu bringen. Und wenn du dann in die Hinterzimmer der Schmuckläden geführt wirst, liegen da schon ein paar richtig tolle Teile rum. Aber nicht mehr bezahlbar. Nicht mal in Indien… Also alle, die auf Mitbringsel warten, Daumen drücken, dass Goa mehr zu bieten hat! Ansonsten müsst ihr euch mit den „Geschichten aus Indien“ als Geschenk an euch begnügen 🙂
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Apr. 17, 2009 | Allgemein, Rishikesh
Langsam lerne ich in Rishikesh immer mehr Leute kennen. Viele davon leben schon seit Jahren immer für ein paar Monate im Jahr hier. Und seit einige Babas abends von mir ihr Essen spendiert bekommen und wissen dass sie sich auf mich verlassen können, öffnet sich ganz langsam die Tür in eine mir völlig fremde Welt. Vor drei Tagen traf ich wieder einen Schlangenbeschwörer. Diesmal gingen wir einen Schritt weiter und nach 5 Minuten hatte ich eine giftige Cobra um den Hals hängen. Und da blieb sie nicht lange. Ab den Rücken runter und unter mein Hemd. Trotz allem ein tolles Gefühl. Du spürst jede Bewegung und jeden Muskel des Reptils. Ich hab’s genossen.
Die Sadhus (oder Babas) sehen harmlos aus und sitzen vor den Cafés um ihre tägliche Mahlzeit zu erbetteln. Und leicht könnte man meinen, dass das alles ist, was die den ganzen Tag tun. In Wirklichkeit spielen die eine enorme Rolle in der spirituellen Welt Indiens. Hinter dieser Fassade sind einige von ihnen nämlich sehr kraftvolle Schamanen, die ihren eigenen indischen und für uns völlig unzugänglichen Regeln und Ritualen folgen. Aus dieser Bekanntschaft von Sadhus und vertrauenswürdigen und teilweise integrierten Nicht-Indern habe ich zur Zeit Zugang zu einigen Schamanenplätzen und zu Ashrams die versteckt in den Wäldern Rishikeshs liegen. Und hier findest du wirklich noch tiefe Spiritualität. Aber da sind schon auch wilde Babas mit dicken Bärten und z.T. irren Augen die hier leben. Du musst halt akzeptieren, dass die gerade die Phase des Irrsinns durchlaufen und dass das durchaus gewollt ist. Und je nach Charakter geht das früher oder später auch wieder vorbei…
Die Natur ist da draußen noch wild und zum Teil unberührt. Auf die Frage, ob es möglich sei hier draußen im Freien zu übernachten lachte einer der Babas und meinte „Nur wenn du vom Tiger gefressen werden willst“. Die gibt’s hier tatsächlich keine 15 Kilometer von Rishikesh entfernt. Und die Babas kennen die geheimen Wege zum Ganges und zu den Futterplätzen und nutzen die Kraft dieser Plätze für ihre Rituale. Unsereiner würde wahrscheinlich keinen halben Tag durchstehen. Entweder frißt dich die Angst oder halt gleich der Tiger 🙂
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Apr. 17, 2009 | Allgemein, Rishikesh

Anfang der Sechziger begann der „Aufstieg“ von Rishikesh. Zumindest für die westliche Sinnsuche. In Indien ist der spirituelle Stellenwert bis heute eher unbedeutend – im Vergleich zum Beispiel zu Haridwar, das 25 Kilometer weiter südlich liegt. Dort findet im nächsten Jahr auch die Kumbh Mela statt. Das größte religiöse Fest Indiens, das alle 12 Jahre stattfindet und zu dem zig Millionen Pilger strömen.
Aber Rishikesh hatte in den 60ern halt den Maharishi und die Beatles. George Harrison war der erste, der hierher kam, der Rest der Band folgte und schrieb und verwirklichte hier einen großen Teil des legendären „White Album“.
Heute hat sich der Wald den größten Teil des verlassenen Ashram wieder zurückerobert. Aber man kann noch immer die Kraft und die Vision der Anlage mit Händen greifen. Die Architektur ist durchdacht und liebevoll bis ins Detail gestaltet. Kein überflüssiger Firlefanz und klare Strukturen, die auch den erwachenden Geist in seinem Erwachen wiederspiegeln. Großartig. Ich habe ehrlich gesagt nie viel von Maharishi und seiner TM-Bewegung gehalten, aber was hier realisiert wurde, verdient meine absolute Anerkennung und Respekt.

Die Stupas auf den Dächern der Hauptgebäude sind übrigens „Klangkörper“, die durch die menschliche Stimme in Schwingung versetzt werden und einen Resonanzkörper bilden, der ich wegbeamt, wennst nicht aufpasst. Wer es wagt, sich über die wackeligen Eisenleitern ins innere dieser „Eier“ zu begeben, kann ein unvergessenes Klang- und Sangerlebnis haben.
Ich habe erst mal vorsichtig mit einem lang gezogenen OM angefangen. Und schon nach wenigen Minuten bin ich die Tonleiter rauf und runter und habe die Kraft gefühlt, die durch den Körper strömt, wenn du DEINEN Ton triffst. Mir lief das Wasser in Bächen den Körper runter – und das kam nicht von der Hitze draußen – und nach ’ner halben Stunde war ich fix und fertig. Aber auch mit mir und der Welt völlig im Reinen. Ich bin dann noch einwenig durch die riesige Anlage spaziert und hab mich von den Ideen und Visionen der 60er und 70er inspirieren lassen. Bevor ich weiter reise werd ich hier sicher noch mal her kommen. Aber morgen geht’s erst mal wieder zu ein paar versteckten Sadhu-Plätzen. Ich freu mich schon auf „meine“ Babas 🙂
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