Der Zug war fast pünktlich. Ich erinnerte mich noch an die Reihenfolge der Waggons als ich in Kolkata los fuhr und machte mich sofort an den vermeintlich richtigen Abschnitts des Bahnsteigs auf. Da man ja aber nie weiß, ob die die Waggons auch immer auf die gleiche Weise zusammen fügen, fragte ich vorsichtshalber einen Saftverkäufer. Der hatte hier einen festen Stand und sollte ja wissen, wo die Wagen der AC-Klasse halten. Der Zug kommt hier jeden Tag durch, sollte ich vielleicht noch hinzufügen. Ich zeigte ihm meine Fahrkarte und er deutete in die andere Richtung. „Coach A1 this direction. Not here Sir, please.“ Ich also meinen Rucksack und meine Tasche geschnappt und den ganzen Weg zurück in die andere Richtung. Tja, da wollte ich wohl schlauer sein als die Bahn… Am anderen Ende des Bahnsteigs war dann auch eine kleine klimatisierte Halle für die Reisenden der 2. und 3. Klasse. Ich fragte noch mal nach, bekam aber keine wirklich eindeutige Auskunft. „Middle is the best, Sir“. Ja, genau…

Als der Poorva-Express mit 10 Minuten Verspätung eintraf, traf mit ihm auch die Gewissheit ein, dass mein ursprünglicher Impuls der Richtige war. Die Wagen der AC-Klasse waren am Ende des Zuges. Also den ganzen Weg mit Gepäck wieder runter bis ich endlich Waggon einschließlich Sitzplatz gefunden hatte. Gebucht hatte ich den unteren Platz. Der war aber bereits ordentlich mit Bettzeug bezogen (Nachmittags um Drei…) und offensichtlich bereits von jemand Anderem in Beschlag genommen worden. Wurscht, ich hab‘ reserviert. Das ist mein Platz. Ich setze mich also hin, und keine 5 Minuten später kam der Übeltäter… Der war erst mal total angefressen. Nicht nur, dass er seinen Platz verloren hatte, nein auch noch an einen Nicht-Inder! Das war für den guten Mann fast zuviel. Als ich ihn dann auch noch höflich bat, das Bettzeug doch nach oben auf seine Bank zu legen, damit wir die Rückenlehne wieder hochklappen könnten, war’s dann rum. Sichtlich angefressen schnappte er sich sein Zeug, richtete sich über mir sein Schlafgemach und ward bis zu Ankunft in Varanasi nicht mehr gesehen. Da habe ich mir definitiv keinen Freund gemacht… Aber ich kann halt auch nicht immer „gut“ sein 😉

Der Name des Zuges war übrigens wörtlich zu nehmen. Das war wirklich ärmlich. Bislang der fertigste Zug, in dem ich gesessen bin. Aber es sollten ja nur 3 Stunden Fahrt sein. Das sitze ich mittlerweile auf einer Backe ab. Mit letzten Endes einer Stunde Verspätung lief der Poorva Express gegen 7 in Varanasi ein. Draußen war’s bereits stockdunkel und das Abenteuer Hotelsuche sollte in wenigen Minuten beginnen… Ziel war Sarnath, ein angeblich ruhiger und grüner Ort, keine 10 km von Varanasi entfernt… Aber die indische Realität holte mich schnell wieder ein!

Related Images: