Irgenwie schafft es Indien es doch immer wieder, mich versöhnlich zu stimmen. Eigentlich jeder Tourist, den ich hier getroffen habe, beginnt nach kurzer Zeit, sich den Menschen hier zu verschließen. Das ist schade und gleichzeitig verständlich. Die Einheimischen hier um den Tempel sind nicht besonders freundlich und wenn sie es mal sind, nur um dich nach dem dritten Satz um Geld zu bitten oder dir was verkaufen zu wollen. Das macht einfach mißtrauisch und du vermutest hinter jeder Kontaktaufnahme von vorne herein ungute Absichten.
Heute bin ich mal zum Fluß runter. Und was soll ich sagen, der gleiche Zauber wie in Kolkata. Der Fluß war weg, aber wenigstens das Bett war noch da! Wie machen die das nur? Nein, im Ernst. Hier hat es seit Oktober nicht mehr geregnet und der Fluß führt erst ab Mai/Juni wieder Wasser. Bis dahin machen die Inder damit, was sie mit jedem freien Platz machen. Sie werfen ihren Müll hin. Hier gibt es keinerlei Verständnis für Natur oder für Sauberkeit. Niemand fühlt sich auch nur im geringsten zuständig. Ich denke, dass das eines der dringlichsten Probleme des Landes ist, das es zu lösen gilt. Aber wenn der Magen knurrt, ist dir die Umwelt recht egal. Das ist hier nicht anders als in den meisten Ländern der 3. Welt.
Trotzdem war die Landschaft hier am Fluß sehr schön. Und um wieviel schöner wäre es hier ohne den Müll. Und am Ufer entlang führte ein schmaler Pfad zurück zum Ort. Ich also abgebogen und habe erst mal die Ruhe genossen. Ich glaube das war das erste Mal seit ich Indien bin und es draußen ruhig war! Der Weg endete nach rund einem Kilometer. Also über die Mauer rüber und runter ins trockene Flußbett. Jetzt wurde schnell klar, wozu die Abwesenheit des Wassers noch genutzt wurde. Sehr offensichtlich war das die öffentliche Toilette der halben Stadt. Also: Watch your step! And so I did…
Da ich sehr achtsam sein musste, war mein Geist sehr wach und ich konnte spüren, wie das alltägliche Leben jenseits der Touristenzentren ablief. Trotz der Umstände waren die Menschen hier heiter und manchmal sogar etwas ausgelassen. Viele nutzen das ausgetrockenete Bachbett offensichtlich auch als direkten Weg zum gegenüberliegenden Ufer, das ca. einen Kilometer entfernt liegt. Hier war richtig Verkehr. Waren wurden transportiert und die Kinder spielten Kricket im tiefen Sand. Als ein verkrüppelter Mann auf allen Vieren meinen Weg kreuzte, war es ganz selbstverständlich, ihm ein wenig Geld zu geben. Auch wenn er nicht darum gebeten hätte.
Nach gut einer Stunde Fußmarsch fand ich wieder einen Weg zurück in den Ort. Allerdings war ich sehr viel weiter gegangen als gedacht und ich fand mich in den Gassen von Bodhgaya wieder, ohne so ganz genau zu wissen, wo ich war. Von den Türmen der Tempelanlage weit und breit nichts zu sehen. Na ja, irgendwie wird’s schon wieder zurückgehen.
Und siehe da, die Menschen die hier ihr tägliches Leben ohne uns Touristen leben, waren offen freundlich und haben gelacht als sie mich so verschwitzt und offensichtlich ohne Orientierung durch IHRE Straßen haben laufen sehen. Da hilft nur zurücklachen. Plötzlich ist es als würdest du in ein anderes Indien eintauchen. Völlig sicher, dass nichts passieren wird. In den Blicken der Menschen Offenheit und auch etwas Respekt mir gegenüber. Ich glaube nicht, dass sich sehr viele Touristen in diesen Teil der Stadt verirren… Und hier kannst du dann auch mal an einem Geschäft oder Gemüsestand stehen bleiben. Die Menschen sind neugierig und freuen sich, wenn du ihre Fragen beantwortest. Und noch mehr freuen sie sich, wenn du Interesse an ihnen und ihrem Leben zeigst. Für mich war das heute ein ganz besonderer Tag und wird mir lange im Herzen bleiben…
Keine Moskitos, stattdessen minus 15°C und mehr als 60cm Neuschnee auf der Zugspitze!
Olli, ich glaube ich bin die Einzige die sich darüber freut 🙂
Wie schon mehrfach überwältigt von Deinen gigantös schönen Bildern,.. weiter machen!!!